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Document Details :

Title: Die Botschaft des Buches Kohelet
Author(s): KAISER, O.
Journal: Ephemerides Theologicae Lovanienses
Volume: 71    Issue: 1   Date: April 1995   
Pages: 48-70
DOI: 10.2143/ETL.71.1.504879

Abstract :
Der Grundsatz, daß man auch ein biblisches Buch nicht nach seinem Umfang und seinem vermeintlichen Verfasser, sondern nach seinem Gehalt zu beurteilen hat, bestätigt sich in besonderer Weise bei der Beschäftigung mit dem Prediger Salomo, dem Kohelet der Hebräischen Bibel. Denn obwohl es sich bei ihm mit seinen nur zwölf Kapiteln um das kleinste unter den kanonischen und deuterokanonischen Weisheitsbüchern handelt und seine durch die Überschrift in 1,1 provozierte Zuweisung an König Salomo (vgl. b.Megilla fol. 7a) auf einer Verkennung von 1,12–2,26 als einer Königstravestie beruht, die sich schon aufgrund des späten Hebräisch des Büchleins als solche zu erkennen gibt, besitzt es eine überzeitliche Bedeutung: Dank seiner differenzierten Beobachtung des Menschenlebens und der aus ihr entspringenden Kritik an der dogmatisch verfestigten Schulweisheit mit ihrer Überzeugung, daß der Mensch in jedem Fall die volle Verantwortung für sein Glück oder Unglück besitzt, hält es seine Leser noch heute dazu an, sich der Grenzen menschlichen Planens und Bewirkens und damit zugleich seiner unzureichenden Einsicht in Gottes obere Haushaltung bewußt zu bleiben. Mit seinen immer erneuten Hinweisen darauf, daß es keinen bleibenden Gewinn für das mühselige Tun des Menschen gibt, alles, was er gewinnt, vergänglich ist, und ihm die Gegenwart so verschlossen ist, daß er sich nicht Meister der Zukunft zu sein wähnen darf, ist Kohelet in der Tat ein unheimlicher Gast unter den Schriften der Bibel.

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