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Document Details :

Title: Ironie und Spott in der Alexias Anna Komenes
Subtitle: Gregor VII. und der Investiturstreit
Author(s): VUČETIĆ, Martin Marko
Journal: Byzantion
Volume: 82    Date: 2012   
Pages: 465-492
DOI: 10.2143/BYZ.82.0.2174100

Abstract :
Die Investiturstreit-Episode in der Alexias Anna Komnenes ist bemerkenswert detailliert. Neben der Kontroverse um die Simonie, wird auch die Frage der Rechtbzw. Unrechtmäßigkeit des Pontifikats Gregors VII. thematisiert, ebenso die Gegenkönigserhebung Rudolfs von Rheinfelden, die Schlacht an der Weißen Elster, der Tod des Gegenkönigs sowie das Bündnis zwischen Gregor VII. und Robert Guiscard. Der Normannenherzog ist der Anknüpfungspunkt der Autorin für die Ereignisse des Investiturstreits, der Grund dafür, dass dieser westliche Konflikt für sie von Bedeutung ist. Anna Komnenes Bericht erhält jedoch auch Sondergut, Ereignisse, die sich nicht mit den westlichen Quellen in Einklang bringen lassen. Ein bedeutender Teil dieses Sonderguts ist insbesondere gegen Gregor VII. gerichtet, so etwa dessen Misshandlung der Gesandten Heinrichs IV., aber auch die suggerierte Teilnahme des Papstes an der Schlacht an der Weißen Elster. Diese antipäpstliche Tendenz dominiert die gesamte Episode. Sie wird nicht zuletzt an der Art und Weise deutlich, wie Anna Komnene das Aufeinandertreffen zwischen Gregor VII. und Robert Guiscard darstellt. Sie gestaltet die Begegnung als Herrschertreffen und übt somit massive Kritik an Papst Gregor VII., der sich demnach als weltlicher Herrscher geriert. Die Autorin gebraucht die stilistischen Mittel der Ironie und des Spotts, um Gregor in ein negatives Licht zu rücken. Sie präsentiert Gregor als Erfinder unmenschlicher Strafen, als überheblichen Barbaren, als Herrscher und Feldherrn, nie jedoch als einen sich seines Amtes würdig erweisenden Geistlichen. Der Umstand, dass Gregor VII. niemals beim Namen genannt, sondern anonym lediglich als 'Papst' bezeichnet wird, ist mehr als eine 'damnatio memoriae'. Durch Gregors Anonymisierung beschränkt sich die Kritik in der Alexias nicht auf das Individuum 'Gregor VII.', sondern sie wird im Gegenteil ausgeweitet auf die institutionelle Ebene des Papsttums. Die Schlechtigkeit und Boshaftigkeit Gregors VII., also des Papsttums überhaupt, in der Alexias verstärkt sich noch, wenn man diesem Verhalten dasjenige des konstantinopolitanischen Patriarchen gegenüberstellt. Ein Vergleich des in der Alexias geschilderten Verhaltensmusters des 'römischen Patriarchen' mit dem täglich erlebten Verhaltensmuster des 'konstantinopolitanischen' drängte sich dem (byzantinischen) Rezipienten der Alexias geradezu auf, so dass das päpstliche Verhalten als ὕβρις erscheinen musste.

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